ACHTUNG!! – Nicht zur Nachahmung empfohlen! Die Alpen sind kein Spielplatz, und ohne die nötige Ausrüstung und das nötige Wissen begebt ihr euch in große Gefahr!
Anmerkung: Dieser Bericht enthält zum Teil dokumentarische Handyaufnahmen.
Der Hochsommer ist beinahe vorbei, und die Temperaturen werden wieder etwas normaler. Für mich ist jetzt die Zeit gekommen wieder in die Natur zu starten. Ich vertrage eh schon keine hohen Temperaturen, und dann auch noch auf den Berg? Ich weiß schon warum ich die Sommermonate meide…
Ich habe Urlaub, und endlich mal wieder ein Wetterfenster das KEINE Gewitter vorhersagt. Ich traue mich also mal wieder auf eine längere Tour mit meinem gesamten Equipment. Dieses mal soll es ins wunderschöne Karwendel gehen. Schon oft war ich zum wandern dort, doch meistens nur als Tagesausflug.
Ich habe mir eine Route vom Parkplatz des Alpengasthof Eng ausgesucht. Der große Ahornboden ist sehr bekannt, und keinem Bergsteiger wird dieser Teil des Karwendels gut gefallen. Erst nachdem man die geteerten Wege verlassen hat, lässt man den Bustourismus hinter sich, und die wundervolle Natur beginnt richtig zu wirken.
Dieses mal soll es in Richtung Falkenhütte gehen. Ich suche mir einen Gipfel in der Nähe dieser Hütte aus, da ich wieder einmal alleine unterwegs bin. Das Karwendel ist nur sehr schlecht mit Handynetz versorgt, und zwecks der Sicherheit (plötzlich aufziehende Gewitter oder andere Notfälle) liegt die Falkenhütte direkt auf meiner Route.
Etwas oberhalb der Falkenhütte gibt es ein paar Gipfel, welche ich mir ausgesucht habe. Das Ladizköpfl, den Mahnkopf und den Steinfalk.
Es geht los!
Gleich zu beginn der Tour bin ich etwas frustriert….jedes mal nehme ich mir vor meine Ausrüstung klein zu halten und Gewicht zu sparen. Doch jedes mal komme ich wieder auf etwa 22kg Gepäck. Dieses mal sind es die 4l Wasser, der 3,5kg schwere Kamerarucksack (mein Trekkingrucksack ist größer und leichter, bleibt aber wegen dem vielen Kameraequipment Zuhause) die mir meinen Vorsatz ruiniert haben. Der Wetterbericht verspricht knappe 30 Grad beim Aufstieg, und ich trinke ungern aus Bächen während oberhalb die Almwirtschaft im Gange ist.
Vom Auto aus starte ich also in Richtung der Engalmen. Ich werde von den Menschenmassen merkwürdig begutachtet. Hinter mir höre ich die Leute tuscheln. Irgendwie find ich es ja lustig….umgeben von Bergen > 2000m werde ich von Leuten in Flip-Flops, Sandalen und Kinderwagen begutachtet, als hätten Sie nie einen Bergsteiger gesehen….Nachdem ich die Engalmen hinter mir gelassen habe, biege ich rechts auf den Weg in Richtung Teufelskopf. Der erste Anstieg ist völlig ohne Schatten, und schnell treibt es mir mit dem schweren Rucksack die Schweißperlen auf die Stirn. Ich mache hier bereits viele Pausen, und die ersten Zweifel kommen auf, ob ich der Tour gewachsen bin. Nach etwa 45 Minuten erreiche ich endlich einen kleinen Wald.
Es ist Nachmittag, und viele Leute kommen mir entgegen. Ich konnte einen jungen, netten Wanderer dazu bewegen ein dokumentarisches Bild von mir zu schießen 😉
Der Aufstieg führt mich schließlich am Teufelskopf vorbei, und ich überschreite das Hohljoch. Erst jetzt wird mir klar, das ich mich in unmittelbarer Nähe der Laliderer Wände befinde. Diese imposanten Felswände gehen teilweise 900m senkrecht nach oben/unten (je nach Betrachtungsweise). Die Wand spendet zum ersten mal auf der Tour dauerhaften Schatten. Endlich wird der Aufstieg nicht mehr ganz so anstrengend, und ich finde auch Zeit für ein paar Fotos.
Dieses Foto ist einfach mal so mit dem Smartphone entstanden. Ich hatte es gerade zur Hand als ich die Karte gecheckt habe. Die Lichtstimmung brachte mich auf die Idee, die RAW Funktion meines Huawei Mate 9 zu testen. Mit Lightroom gelang mir schließlich eine akzeptable Bearbeitung.
Ich entscheide mich allerdings aufgrund der wunderbar stehenden Sonne für ein weiteres Bild mit meiner Sony A7ii und meinem Nikon 20mm 1.8g. Ich liebe einfach die Sonnensterne!
Aufgrund der extremen Helligkeitsunterschiede im Motiv, entscheide ich mich für jeweils 2 Belichtungsreihen mit 5 Bildern (2EV). Die erste Reihe schieße ich mit F22 für den Sonnenstern. Die zweite Reihe dann mit f8 und abgedeckter Sonne (durch den Daumen. Meinen Workflow für den Sonnenstern findet ihr hier ==> Mein Weg zum perfekten Blendenstern Zuhause werden die Belichtungsreihen dann zu jeweils 1 Bild zusammengesetzt, und überlagert. Warum die 2 Belichtungsreihen? Ich möchte den Vordergrund schärfer haben. Bei F22 setzt deutliche Beugungsunschärfe ein, was man später durchaus bemerkt.
Nach den Aufnahmen geht es weiter über das Hohljoch. Oben angekommen erblicke ich das erste mal die imposant liegende Falkenhütte. Jetzt wird mir der weitere Wegverlauf sofort klar. Es geht unterhalb der Laliderer Wände durch Steinschlag gefährdeten Bereich bis zur Falkenhütte.
Der Weg ist nicht sonderlich schwierig, auch nicht mit schwerem Rucksack. Lediglich der Abstieg und anschließende Aufstieg zur Hütte ist wegen der bereits vorher zurück gelegten Höhenmeter durchaus fordernd. Den Weg zur Hütte schaffe ich in etwa 45-60 Minuten. Ich komme schließlich um ca. 18 Uhr an der Falkenhütte an. Ein kurzer Check auf dem Handy zeigt gähnende leere. Keinerlei Handynetz.
Für mich heißt das:
– keine Wetterprognosen mehr (Gewitterrisiko?!)
– keine Standortweitergabe an Angehörige
– keine direkte Hilfe im Notfall
Ich entscheide mich deshalb, mich kurz beim Hüttenwirt der Falkenhütte vorzustellen, und mitzuteilen das ich diese Nacht auf dem Gipfel oberhalb der Hütte verbringen werde. Ich möchte keinen Rettungseinsatz verursachen, weil jemand Nachts die Lichter meiner Taschenlampe am Gipfel fuchteln sieht.
Ich mache keine große Pause an der Falkenhütte. Zu beansprucht sind meine Schultern und Füße bereits vom Aufstieg. Nach einer längeren Pause fällt es umso schwerer weiterzulaufen. Der letzte Aufstieg zum Gipfel führt durch einen von Latschen bewachsenen Hügel, auf denen Kühe grasen. Der Weg ist teilweise recht schmal, aber auch nicht sonderlich schwierig.
Oben angekommen, ergibt sich ein wunderbarer Blick auf die Falkenhütte, und das Karwendel. Ich suche mir relativ schnell einen Platz mit guter Aussicht, und entschließe mich dort zu bleiben. Erstmal wird der Platz auf die Motive gecheckt. Nachdem ich die Motive für Sonnenuntergang und Aufgang ausgesucht habe, packe ich meinen Rucksack aus, und mach es mir erstmal gemütlich.
Es gibt einen frisch gebrühten Kaffee, und eine kleine Mahlzeit.
Es wird langsam dunkler, und die Sonne verschwindet leider sehr schnell hinter den Laliderer Wänden. D.h. die Motive die ich mir eigentlich ausgesucht hatte, sind deutlich früher im Schatten als gedacht. Der Sonnenuntergang fällt daher weitestgehend ins Wasser. Nach einer Erkundung der Himmelsrichtungen, wird mir aber schnell klar, das der Sonnenaufgang umso perfekter wird.
Die letzten Minuten in der Dämmerung verbringe ich also mit der Suche nach ein paar Motiven.
Dieses Foto habe ich mit 135mm Brennweite aufgenommen. Es handelt sich um ein HDR Panorama aus 6 Blickwinkeln. Jeder Blickwinkel wurde mit einer 5er Belichtungsreihe aufgenommen. Zusammengefügt habe ich zuerst die einzelnen Belichtungsreihen über die HDR Funktion in Lightroom. Danach die Bilder zu einem Panorama zusammengefügt.
Das Bild vom Mahnkopf ist ebenfalls mit 135mm entstanden. Ich verwende dazu mein Samyang 135mm f2. Es ist eine meiner Lieblingsobjektive. 135mm ist zwar manchmal zu kurz, doch das Objektiv ist absolut offenblendentauglich, was gerade in der Dämmerung manchmal von Vorteil sein kann. Dazu später mehr.
Die Nacht bricht ein. Aufgrund des beinahe Vollmond steht es um eine Aufnahme der Milchstraße ziemlich schlecht. Der Mond ist einfach zu hell und steht auch noch direkt vor der Milchstraße. Dennoch mache ich ein paar Aufnahmen in der Nacht. Der dreiviertelmond bietet andere Vorteile. Die Landschaft wird wunderbar angestrahlt, und der Vordergrund ist ziemlich hell.
Nach den Aufnahmen werde ich dann doch mal müde, und ich lege mich schlafen. Ich verwende nach wie vor im Sommer meinen Millet LTK600 Daunenschlafsack. Mein Thermometer zeigt mir etwa 12 Grad an. Eigentlich perfekte Temperaturen für diesen Schlafsack.
Es wird langsam sehr sehr windig. Ich verlege meinen Schlafplatz nochmal um ein paar Meter hinter ein paar Latschn um besser geschützt zu sein. Kurz bevor ich einnicke, sehe ich am Horizont einige „Blitze“. Ich bin plötzlich wieder hellwach. Der Wetterbericht hatte eigentlich keine Gewitter in der Region vorhergesagt. Ich stehe wieder auf, und beobachte die Situation für etwa 15 Minuten. Das Gewitter ist bestimmt 30-60km entfernt. Im Grunde sehe ich nicht direkt die Blitze sondern das „Wetterleuchten“. Mein Verständnis vom Wetter sagt mir, das bei aktueller Windrichtung eigentlich keine Gefahr droht. Dennoch bin ich mir nicht sicher, ob ich mich schlafen legen sollte. Vom Gewitter überrascht zu werden ist nicht lustig. Das ist mir schon einmal passiert, und zwar auf dem Seceda Plateau in den Dolomiten ==> Fotoblog – Seceda (2500m)
Ich entschließe mich also, mein Equipment soweit zu verstauen, das ich möglichst schnell aufbrechen könnte. Mein Plan B ist, die 10 Minuten Abstieg zur Falkenhütte zu wagen, falls das Gewitter doch gefährlich werden sollte.
Dieses mal schlafe ich relativ schnell ein, und gefühlt war der Schlaf auch recht erhohlsam. Gegen 4 Uhr morgens wache ich jedoch leicht fröstelnd auf. Ich wundere mich…. der Schlafsack sollte eigentlich bis kurz über 0 Grad ausreichend sein…. Schnell bemerke ich das viele Kondenswasser auf der Außenhaut des Schlafsack…. hätte ich doch nur meinen Biwaksack benutzt…..dieser liegt im Rucksack. Aufgrund der Temperaturen bin ich davon ausgegangen diesen nicht zu benötigen. Falsch gedacht. In den Morgenstunden brachte der Wind sehr feuchte Luft, und die Feuchtigkeit dringt in die Daunenkammern ein. Daunen verlieren dadurch sehr schnell ihre Isolationsfähigkeiten. Ich nehme mir ein paar Taschentücher und tupfe das Kondens vom Schlafsack. Aufgrund der angenehmen Außentemperatur friere ich nicht mehr allzu sehr, und ich kann nochmal bis etwa 6 Uhr schlafen.
Ich krieche etwas verschlafen aus dem Schlafsack. Meine erste Tätigkeit ist nicht sonderlich spannend….denkt man…. Ich verschwinde etwa 20 Meter in Richtung Wiese und witme mich den menschlichen Bedürfnissen. Plötzlich zucke ich zusammen…. nur etwa 7meter von mir entfernt, entdecke ich ein Rudel Gämse beim grasen. Die Gämse sind offensichtlich genauso verwundert mich zu sehen, bleiben aber erstmal stehen. Ich fluche nur noch, gerade in so einem Moment keine Kamera dabei zu haben. Ich bewege mich wie in Zeitlupe und kehre zum Schlafsack zurück. Ich schnapp mir die Kamera mit dem Samyang 135mm und gehe extrem vorsichtig zurück. Wie durch ein Wunder haben sich die Gämse nicht bewegt, und haben sich sogar wieder etwas entspannt. In der Morgendämmerung habe ich schließlich die Chance, hautnah ein paar Gämse zu fotografieren. Wundervoll!
Nach dem Fotoshooting entscheiden sich die Gämse dann doch mal für etwas mehr Privatsphäre, und ziehen sich zwischen die Latschen zurück. Ich bin sehr zufrieden und kehre zum Stativ zurück.
Es wird langsam Zeit für mein Sonneaufgangsmotiv. Ich möchte die Laliderer Wand bei Sonnenaufgang aufnehmen. Dazu möchte ich einen Sonnenstern am Berggipfel gegenüber erzeugen. Um beides auf ein Bild zu bekommen muss ich zwingend ein Panorama machen. Dazu verwende ich ausschließlich die A7ii, das Nikon 20mm 1.8g und mein Rollei CT5A Stativ.
Was ich vor habe ist kompliziert. Der Sonnenstern wird am schönsten bei F22. Mache ich allerdings nur ein Panorama mit F22, wird der Vordergrund deutlich unscharf, aufgrund der Beugungsunschärfe. Deshalb erstelle ich 2 Panoramen. Eines mit F8, noch bevor die Sonne über dem Gipfel erscheint. Und ein Panorama mit f22 wenn der richtige Zeitpunkt da ist. Beide Panoramen sollten ziemlich identisch werden. Merkt euch also von wo bis wo der Bildausschnitt reichen soll. Die Schwierigkeit ist nun aber auch noch das Gegenlicht. Deshalb gibts für jeden Blickwinkel eine 5er Belichtungsreihe.
Lange Rede – jedes Panorama besteht aus 50 Aufnahmen mit jeweils 10 Blickwinkeln a 5 Belichtungen. Ich erstelle wieder zuerst die HDR Bilder in Lightroom, welche ich anschließend in Lightroom zu einem Panorama zusammenfüge. Die Bilder werden dann in Lightroom soweit bearbeitet und die Einstellungen komplett synchronisiert. Anschließend werden beide Panoramen in Photoshop als Ebenen geöffnet. Der Bereich der Sonne wird von Hand entsprechend ausgerichtet und der Sonnenstern per Ebenenmaske ins f8 Panorama eingeblendet.
Fertig
Da die Aufnahmen für dieses Motiv relativ lange gedauert haben, und ich sonst auch nichts mehr vor habe, packe ich die Kameraausrüstung schließlich zusammen. Mein Schlafsack hänge ich nochmal auf, um ihn im Wind zu trocknen.
Der anschließende Abstieg geht gefühlt deutlich schneller, doch der Rucksack wiegt immernoch etwa 18kg. Ich merke meine Schultern, habe Blasen an den Fersen, und bin einfach ziemlich müde. Mit dem Wissen, den letzten schönen Tag vor einer Schlechtwetterfront erwischt zu haben, macht dieses Erlebnis doppelt so schön.
In etwa 2,5h bin ich wieder am Auto, und falle ziemlich erschöpft in den Sitz. Manchmal heißt es eben, Zähne zusammenbeißen und nicht stehen bleiben =)