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Es war mal wieder soweit: eine lange geplante Bergtour stand an. Vor drei Jahren besuchte ich diesen Gipfel zuletzt, ebenfalls zum Sonnenaufgang. Die Tour führt durch das atemberaubende Karwendelgebirge und bietet eine beeindruckende Rundumsicht. Zum Sonnenaufgang ist man mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit allein auf dem Gipfel, denn es gilt, etwa 1350 Höhenmeter zu überwinden. Vor drei Jahren war ich noch nicht auf Wildlifefotografie spezialisiert, besaß weder entsprechende Objektive noch suchte ich gezielt nach größeren Tieransammlungen. Doch 2024 ist alles anders. 🙂

Der Wecker klingelt um 00:15 Uhr. Der Rucksack ist größtenteils bereits am Vorabend gepackt, aber ein kleines Frühstück und frischer Kaffee sind für mich vor einer Bergtour unverzichtbar. Ich habe den Inhalt meines Rucksacks für euch fotografiert. Das Bild wurde nach der Tour aufgenommen; alle Wasserflaschen waren natürlich voll und es fehlen der Apfel und die Käsesemmel. 😉

#1 

Nach etwa einer Stunde Fahrt beginnen wir unsere Tour mutterseelenallein am Parkplatz, der am Wochenende normalerweise schnell überfüllt ist.

Gleich zu Beginn stellt sich eine erste Herausforderung: Dieser Parkplatz und die ersten etwa 500 Höhenmeter sind Ausgangspunkt für viele verschiedene Touren im Karwendel. Daher kenne ich diesen Teil der Strecke sehr gut. Schon beim letzten Mal gab es Stress mit den Kühen auf der Weide. In unseren Alpen führen die Wanderwege oft mitten durch die Weiden, was mit Hund häufig problematisch ist. Aber auch ohne Hund nehmen die Angriffe auf Menschen immer mehr zu. Dieses Jahr ist schon auffällig viel passiert.

Es ist dunkel, der Mond strahlt noch stark, sodass ich den ersten Teil der Tour ohne Stirnlampe bewältigen kann. Durch meine jahrelange Erfahrung in den Bergen, insbesondere bei Nacht, weiß ich, dass die Kühe nachts meist unproblematisch zu passieren sind. So war es auch diesmal. Ohne Lampen oder Licht schlich ich mich still und heimlich an den schlafenden Kühen vorbei, die links und rechts vom Weg in ausreichendem Abstand lagen. Der Rückweg bereitet mir wegen der 100 bis 200 Kühe jedoch etwas Bauchschmerzen, aber ich habe immer einen Plan B.

Ich möchte betonen, dass ich schon einige Bergtouren abgebrochen habe, weil es kein Vorbeikommen an gestressten und aggressiven Kühen gab. Leider bleibt nichts anderes übrig, denn es ist mehr ihr Lebensraum als unserer. 

Nachdem wir die ersten Rastplätze der Kühe passiert haben, kann ich das Licht wieder anschalten. Der sternenklare Himmel und das mächtige Karwendel mit den Laliderer Wänden bieten ein atemberaubendes Bild.

#2 Tamron 35-150mm 2-2.8 bei 35mm – f2 – ISO16.000 – 0,5sec

Aus Zeitmangel habe ich die kommenden Bilder bis zum Sonnenaufgang nur aus der Hand und mit hoher ISO (16.000) mit dem Tamron 35-150mm bei Blende 2 aufgenommen. Die Tour ist knapp kalkuliert, bitte entschuldigt dies.

Wir passieren wunderschöne Almen. Ich stelle mir vor, wie traumhaft es wäre, dort die Nacht zu verbringen und früh am Morgen den Sonnenaufgang zu erleben. Auch hier verzichte ich wieder auf Licht, um niemanden zu wecken.

#3 Tamron 35-150mm 2-2.8 bei 35mm – f2 – ISO16.000 – 0,5sec

Nach etwa 1,5 Stunden passieren wir die letzten Weideflächen und grünen Wiesen, bevor es ins alpine und steinige Gelände geht. Es beginnt langsam zu dämmern und die Zeit wird knapp. Meine Uhr hilft mir zu kalkulieren. Durch eine kombinierte Anzeige von aktueller Höhe, zurückgelegten Höhenmetern und Vertikalgeschwindigkeit kann ich ziemlich genau abschätzen, wie knapp es wird, den Sonnenaufgang am Gipfel zu erleben. Etwa 15 Minuten vor Sonnenaufgang wäre ich gerne oben, um genug Zeit für den Kleidungswechsel zu haben und die schöne Stimmung kurz vor Sonnenaufgang einzufangen.

#4 Meine Neue Uhr. Garmin Enduro 2. Warum ich von der Apple Watch Ultra umgestiegen bin, erfahrt ihr hier ==> Erfahrungsbericht Apple Watch Ultra

Und tatsächlich, meine Kalkulation war sehr gut. 15 Minuten vor Sonnenaufgang erreichen wir den Gipfel. Wir sind beide froh, endlich angekommen zu sein. Das Tempo war recht flott und wir brauchen dringend Verpflegung.

#5 Tamron 35-150mm 2-2.8 bei 35mm – f2 – ISO100 – 1/40sec

Nachdem ich mich umgezogen und mit Essen und Trinken versorgt habe, kann es losgehen. Der Platz am Gipfel ist nach hinten heraus leider sehr begrenzt, sodass ich mit dem Tamron 35mm bei 35mm nicht meine Wunschkomposition abbilden kann. Weiter zurückzugehen würde einen Absturz bedeuten. Daher wechsle ich auf das 16-35mm Canon und mache mich ans Werk.

#6 Canon 16-35mm f4 L IS USM – 16mm – f16 – ISO200 – 1/30sec

Jetzt beginnt für mich die „stressigste“ Zeit, im positiven Sinne. Das schöne Licht vergeht leider immer viel zu schnell, und es gibt unendlich viele schöne Blicke und Motive. Würde man mich am Gipfel beim Fotografieren beobachten, sähe das sicher lustig aus, wie ich von links nach rechts laufe, Objektive suche und wechsle und etwas „verplant“ durch die Gegend laufe. 😄

Auch in die andere Richtung gibt es etwas zu sehen. Die Felsen der Laliderer werden wunderschön angestrahlt. Ich liebe das einfach!

#7 Tamron 35-150mm 2-2.8 bei 35mm – f7.1 – ISO100 – 1/40sec

Sam verbringt die Zeit, in der ich fotografiere, meistens mit Posen, Fressen oder er jammert, weil er weiter möchte. Pause ist nicht so seins. Hier mal beim Posen. 😉

#8 Tamron 35-150mm 2-2.8 bei 45mm – f4.5 – ISO100 – 1/160sec

Tatsächlich nutze ich für fast alle Fotos am liebsten das Tamron 35-150mm. Es ist absolut universell und dank hoher Lichtstärke und Offenblendentauglichkeit spare ich mir oft das Stativ. Lediglich die oben genannte Problematik zwingt mich oft dazu, noch das Ultraweitwinkel mitzunehmen. Am Berg kann man sich eben nicht unendlich nach hinten bewegen, wenn 35mm zu viel ist.

#9 Tamron 35-150mm 2-2.8 bei 35mm – f7.1 – ISO100 – 1/15sec

Ein Blick in die Andere Richtung zeigt den anderen Teil des Karwendel mit seinem höchsten Berg, der Birkkarspitze (2749m). Dort oben war ich nach einer Biwakübernachtung auch schon zum Sonnenaufgang gestanden. Link zum Video ==> https://youtu.be/mK461kMnLSk

Ich weiß nicht wie es euch geht, aber ich kann mich an solchen Landschaften mit diesen frühmorgendlichen Lichtstimmungen einfach nicht Satt sehen. Es ist wie eine Sucht der ich verfallen bin…

#10 Tamron 35-150mm 2-2.8 bei 46mm – f7.1 – ISO100 – 1/25sec

Nachdem wir etwa eine Stunde am Gipfel verbracht haben, beginne ich mein Equipment zusammenzupacken. Ich entscheide mich, vorerst das Tamron 35-150mm f2-2.8 an der Kamera zu lassen, obwohl ich eigentlich auf der Suche nach Steinböcken und Gämsen bin. Der Abstieg führt uns zunächst durch einen teilweise schattigen Bergrücken, und ich fühle mich mit der hohen Lichtstärke des Objektivs wohler.

Wir lassen den steinigen, von Geröll übersäten Gipfelbereich hinter uns und befinden uns nun wieder auf dem steilen, aber mit Wiesen überzogenen Hang unseres Aufstiegs. Weit und breit ist kein Tier zu sehen… Wo könnten sie nur sein?

##11 Tamron 35-150mm 2-2.8 bei 35mm – f7.1 – ISO100 – 1/100sec

Nach weiteren 15 Minuten entdecke ich schließlich in etwa 60 Metern Entfernung den Kopf einer Gams, während der Rest ihres Körpers hinter der Wiese verborgen bleibt.

Entschlossen verlasse ich den Weg, um einen besseren Blick hinter den Wiesenrücken zu erlangen. Nach etwa 40 Metern erreiche ich eine kleine Anhöhe, die mir einen atemberaubenden Blick eröffnet.

#12 Sony 200-600mm + 1.4x Telekonverter bei 600mm – f8 – ISO2500 – 1/640sec

Ich kann mein Glück kaum fassen. Genau hinter dem kleinen Hügel, in etwa 40 Metern Entfernung, entdecke ich mehrere Steinböcke und auch einige Gämsen. Vorsichtig gehe ich ein paar Schritte zurück, damit mich die Herde nicht bemerkt, und lege meinen Rucksack ab. Schnell wechsle ich auf das Sony 200-600mm mit montiertem Telekonverter.

Obwohl ich unsicher bin, ob dies die beste Wahl ist (nur Blende 9 statt 6.3), nehme ich das Risiko in Kauf.

Sam ist in solchen Situationen genauso aufgeregt wie ich. Er liebt es, diese Tiere zu beobachten, wobei es stets! beim Beobachten bleibt. Während ich mich langsam wieder an die Herde heranpirsche, werden wir entdeckt. Doch die Tiere bleiben völlig entspannt. Nach einem kurzen Blick widmen sie sich wieder dem grasen. Ich nutze die Gelegenheit, um mich besser zu positionieren.

Dabei lege ich großen Wert auf die richtige Perspektive und Bildkomposition. Äußerst langsam und leise vermeide ich hektische Bewegungen um die Tiere nicht zu stören.

Nachdem ich einen idealen Aussichtspunkt gefunden habe, setze ich mich hin und beobachte einfach nur. Schon nach wenigen Minuten haben die Tiere uns völlig vergessen.

#13 Sony 200-600mm + 1.4x Telekonverter bei 840mm – f9 – ISO4000 – 1/320sec

#14 Sony 200-600mm + 1.4x Telekonverter bei 840mm – f9 – ISO4000 – 1/400sec

#15 Sony 200-600mm + 1.4x Telekonverter bei 840mm – f9 – ISO3200 – 1/400sec

Mehr noch: Während sie weiter grasen, nähern sie sich immer weiter unserer Position. Schließlich komme ich so nah heran, dass ich die meisten der folgenden Bilder nur noch mit den unteren 280mm des Objektivs aufnehmen kann.

Während die Tiere langsam näher kommen, bildet sich eine kleine Gruppe von drei Steinböcken. Es wirkt fast wie eine Clique.

#16 Sony 200-600mm + 1.4x Telekonverter bei 280mm – f9 – ISO3200 – 1/400sec

Zwei der Böcke kommen sich beim Grasen immer näher… vielleicht schon zu nah.

#17 Sony 200-600mm + 1.4x Telekonverter bei 482mm – f9 – ISO3200 – 1/400sec

Völlig unvermittelt scheinen sie sich nun in die Haare zu kriegen und stürzen sich aufeinander.

Solche Momente bewegen mich zutiefst. Die Tiere so entspannt zu sehen, obwohl ich mit Sam in nur etwa 30 Metern Entfernung zuschaue, erfüllt mich mit Ehrfurcht und lässt mich fast erstarren. Zum Glück nur fast, denn sonst wären diese tollen Fotos nicht entstanden 😉

Mit ohrenbetäubendem Lärm krachen die Hörner aufeinander.

#18 Sony 200-600mm + 1.4x Telekonverter bei 280mm – f8 – ISO3200 – 1/640sec

#19 Sony 200-600mm + 1.4x Telekonverter bei 280mm – f8 – ISO2000 – 1/400sec

#20 Sony 200-600mm + 1.4x Telekonverter bei 840mm – f9 – ISO3200 – 1/400sec

Doch so schnell die Spannungen entstanden sind, so schnell verfliegen sie auch wieder. Keine 20 Sekunden später ist alles vorbei, und der Hunger hat offensichtlich gesiegt. Nach diesen Fotos entschließe ich die Steinböcke in Ruhe zu lassen und mich wieder auf den Weg zu machen.

Zurück auf dem Weg wechsle ich zunächst wieder auf mein kleines und leichtes APS-C Sony 70-350mm. Ich benutze es gerne im APS-C Cropmodus an der A7RV, weil es so klein, leicht und scharf ist. Besonders im nächsten Abschnitt des Weges wäre das Sony 200-600mm, das ich oft beim Wandern im Frontzugriff trage, doch zu groß und unhandlich.

Es schränkt meine Bewegungsfreiheit stark ein, sodass ich auf gefährlichen Wegstücken tatsächlich das Risiko eingehe zu stolpern.

Nach 20 Minuten erreiche ich ein kleines Plateau und nehme plötzlich rechts von mir Gämsen wahr. Für einen Objektivwechsel bleibt keine Zeit, also bleibe ich beim 70-350mm und versuche das Beste herauszuholen. Zu meiner Freude entdecke ich viele junge Geißen, die immer von erwachsenen Gämsen begleitet werden und bestens behütet sind.

#21 Sony 70-350mm bei 350mm – f6.3 – ISO640 – 1/320sec

#22 Sony 70-350mm bei 350mm – f6.3 – ISO640 – 1/1250sec

Nach den Fotos ziehe ich weiter und entscheide mich, doch nochmal das 200-600mm mit dem Telekonverter herauszuholen. Erfahrungsgemäß sind Gämsen selten allein unterwegs, also hoffe ich, noch weitere zu sichten. Keine drei Minuten später entdecke ich eine große Herde. Ich kann mein Glück kaum fassen.

Direkt vor Ort fällt mir ein Titel für dieses Bild ein. – “we are Family”

#23 Sony 200-600mm + 1.4x Telekonverter bei 840mm – f9 – ISO3200 – 1/640sec

#24 Sony 200-600mm + 1.4x Telekonverter bei 840mm – f9 – ISO4000 – 1/400sec

Gämse und Steinböcke sind äußerst soziale Tiere, der Nachwuchs wird meist von mehreren Tieren bewacht und jeder Schritt und Tritt mit Argusaugen überwacht. Vorbildlich!

Ich bin abermals überwältigt, diese Tiere inklusive ihres Nachwuchses beobachten zu dürfen. Genau in solchen Momenten weiß ich, warum ich nachts aufstehe und all die Strapazen auf mich nehme. Tagsüber sind solche Erlebnisse leider nur sehr selten zu finden.

Kurz nachdem ich mich wieder auf den Weg gemacht habe, werde ich von einem Murmeltier aufgeschreckt. Es hat uns schon von weitem entdeckt und warnt seine Artgenossen mit einem lauten Pfeifen vor uns. Dabei bleiben sie meist regungslos auf den Steinen stehen, sodass ich noch einmal die Chance hatte, eines zu fotografieren.

#25 Sony 200-600mm + 1.4x Telekonverter bei 840mm – f9 – ISO320 – 1/400sec

Nun ist es aber wirklich soweit. Ich packe die Kamera endgültig weg und widme mich dem letzten Teil des Abstiegs. Mittlerweile habe ich den Entschluss gefasst, der riesigen Kuhherde vom Aufstieg auszuweichen. Es ist sehr heiß, der Rückweg über den Aufstiegsweg ist länger, und wir sind mit unseren Kräften bereits ziemlich am Ende. Auf eine Konfrontation mit den Kühen habe ich ehrlich gesagt keine Lust mehr.

Deshalb entscheide ich mich nun für den Plan B für den Abstieg. Ein nicht mehr gepflegter, inoffizieller Weg führt uns deutlich schneller zurück zum Parkplatz. Dieser Weg ist jedoch wegen des lockeren Gerölls und der fehlenden Pflege und Beschilderung deutlich anspruchsvoller.

#26 Hier müssen wir irgendwie runter. 

Doch auch diese Herausforderung meistern wir schließlich, und kommen nach gut 15km und 1350 Höhenmetern wieder am Auto an.

Danke fürs Zuschauen!

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