Keine Werbung! Ich habe diese Uhre selbst gekauft!
Der folgende Erfahrungsbericht beinhaltet weder Testcharts, noch andere Testszenarien unter Laborbedingungen. Ich bin draußen unterwegs und berichte euch von meinen Erfahrungen mit der Uhr im Outdooreinsatz.
Erfahrungsbericht: Apple Watch Ultra (Gen1) bei der Nutzung als Outdoor/Sportuhr
#### Vorwort
Die Apple Watch Ultra habe ich nun seit Januar 2023 im Einsatz. Ganz oberflächlich betrachtet, stellt sich diese Apple Uhr als nahezu perfekte aber hochpreisige Smartwatch dar. Nach fast 1,5 Jahren täglicher Nutzung als Sport und Outdoor Uhr, haben sich mir jedoch erhebliche Schwächen gezeigt. Dieser Erfahrungsbericht basiert auf meiner umfangreichen Nutzung und Erfahrung im Bergsport, Fitnessstudio-Training, täglichen Hundespaziergängen und Mountainbike-Touren. Am Ende werdet ihr wissen warum ich nun – nach 1,5 Jahren Nutzung – wieder auf eine Garmin Enduro 2 wechseln werde.
#### Allgemeine Eindrücke
Die Apple Watch Ultra überzeugt durch ihre Vielseitigkeit und bietet eine beeindruckende Anzahl an Funktionen, die sie zu einer hervorragenden Allround-Smartwatch machen. Gerade Nutzer die auch bei anderen Geräten im Apple Ökosystem Heimisch sind, werden beim betrachten des Zusammenspiels der verschiedenen Geräten sabbern. Mich jedoch enttäuscht sie als spezialisierte Sport- und Outdoor-Uhr, obwohl sie genau dafür von Apple beworben wurde. Link zum Werbevideo ==> Video
#### Gehäuse und Robustheit
Beim Gehäuse hat mich Apple nicht enttäuscht. Die Verarbeitungsqualität ist Spitzenklasse und die Uhr hat selbst nach 1,5 Jahren intensiver Nutzung am Berg, beim Klettern und vielen anderen Sportarten sowohl am Titangehäuse als auch am Saphirglas keinerlei Gebrauchsspuren davon getragen.
Das sorgt dafür, dass die Uhr auch nach einer längeren Nutzungszeit noch einen guten Wiederverkaufswert bietet. Keine Kritik von meiner Seite.
#### das AMOLED-Display
Die Apple Watch Ultra kommt mit einem sehr hellen MOLED-Display. Es ist äußerst beeindruckend – farbenfroh, kontrastreich und selbst bei direktem Sonnenlicht hervorragend ablesbar.
Die Auflösung erinnert an ein hochwertiges Smartphone Display. Hier gibt es wirklich nichts zu beanstanden.
Leider scheint jedoch auch das Display einer der Gründe für die begrenzte Akkulaufzeit zu sein. Näheres dazu im nächsten Punkt. Daher sollte man abwägen, ob ein derart brillantes Display für eine Outdoor- und Sportuhr tatsächlich notwendig ist.
#### Akkulaufzeit
Mein größter Kritikpunkt ist die Akkulaufzeit.
Mit der Apple Watch Series 8 kam ich im normalen Alltag (keine langen GPS Aufzeichnungen) auf maximal 1 bis 1,5 Tage Akkulaufzeit. (Always On Display deaktiviert) Da man ständig befürchtet, dass der Akku leer wird, neigt man dazu, die Uhr entweder Nachts zu laden und auf das Schlaftracking zu verzichten oder sie morgens und abends kurzzeitig aufzuladen.
Bei der Vorstellung der Apple Watch Ultra versprach Apple eine deutliche Verbesserung der Akkulaufzeit. Anfangs war ich tatsächlich begeistert: Im normalen Alltag erreichte ich eine Akkulaufzeit von 3 bis 3,5 Tagen, ohne langwierige GPS-Aufzeichnungen und ohne Always On Display. Dies gab mir die Sicherheit, selbst vor 12-stündigen GPS-Aufzeichnungen beim Laufen oder auf Bergtouren keine Bedenken haben zu müssen.
Die Realität sieht jedoch so aus: Nach eineinhalb Jahren beträgt die maximale Akkukapazität aufgrund von Alterung nur noch 94 %. Ein zwischendurch eingespieltes Softwareupdate hat gefühlt nochmals einen halben Tag Akkulaufzeit gekostet. Mittlerweile komme ich im Alltag nur noch auf etwa 2 bis 2,5 Tage Akkulaufzeit. Bei Mehrtagestouren mit nur einer Übernachtung und zwei längeren Wanderungen muss man bereits ans Aufladen und an eine Powerbank denken.
Wenn man also manchmal spontane und längere Trainingseinheiten oder Bergtouren unternimmt, geht man automatisch dazu über, die Uhr wieder morgens und abends voll aufzuladen, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein. Das empfinde ich als äußerst lästig.
#### Bedienung
Die Bedienung der Apple Watch Ultra basiert größtenteils auf dem Touchscreen. Zwar verfügt die neue Uhr von Apple über einen sogenannten Action Button, doch dieser kann nicht vollständig frei konfiguriert werden. Nur wenige Funktionen lassen sich darauf einstellen, wodurch man hier in gewisser Weise den Vorgaben von Apple ausgeliefert ist.
Auf der rechten Seite befinden sich die dreh und drückbare Lünette, sowie ein darunterliegender Knopf.
Der Knopf rechts unten dient zum Aufrufen des Kontrollzentrums, in dem verschiedene Schnelleinstellungen der Uhr vorgenommen werden können. Die Belegung dieses Knopfes lässt sich nicht ändern. Ein langes Drücken auf diesen Knopf öffnet das Notfallmenü, über das die Uhr ausgeschaltet, ein Notruf abgesetzt oder die Sirene aktiviert werden kann.
Mit der drehbaren Lünette kann man unter anderem auf der Karte ein- und auszoomen sowie durch die Menüs der Apple Watch navigieren. Hierbei muss ich leider bemängeln, dass der Widerstand meiner Meinung nach zu gering ist. Der drehbare Ring reagiert sehr sensibel auf Eingaben, was die Bedienung insbesondere mit Handschuhen erschwert. Durch Druck auf den Knopf an der Lünette gelangt man zurück ins Hauptmenü. Ein Doppelklick öffnet den Taskmanager und zeigt alle im Hintergrund laufenden Apps.
Leider hat sich dieses Bedienkonzept in meiner Erfahrung nicht bewährt. Die Uhr lässt sich nicht ausschließlich mit den Knöpfen bedienen, sodass man stets irgendwo auf den Touchscreen angewiesen ist. Dies führt während Aktivitäten wie Bergsteigen, Wandern, Laufen oder Fahrradfahren zu Fehlbedienungen und einem insgesamt schlechten Nutzererlebnis.
Im Winter tritt ein weiteres Problem auf. Bei kalten Temperaturen sind Handschuhe in den Bergen unerlässlich. Trotz verschiedener Touchscreen-kompatibler Handschuhe habe ich es bisher nicht geschafft, das Display der Uhr damit zufriedenstellend zu bedienen. Es gab Momente, in denen ich das Display mit der Nasenspitze bedienen musste – man kann sich die Blicke meiner Begleiter vorstellen.
Es wird deutlich, dass dieses Bedienkonzept weder Fisch noch Fleisch ist. Im normalen Alltag abseits von Outdoor-Sportarten und -Aktivitäten, mag es durchaus ideal sein, doch in einigen speziellen Fällen führt kein Weg an einer vollständigen Tastenbedienung vorbei.
Kartendarstellung und Navigation
Was unterscheidet eigentlich die bloße Darstellung einer Kartenansicht und eines GPX-Tracks von einer vollwertigen, navigationsfähigen Karten-App?
Zum ersten muss man unterscheiden: Apple bietet ab Werk aktuell keine! Topografischen Karten für Europa an. Dies ist der erste sehr große Kritikpunkt. Erinnert euch bitte an das Werbevideo von Apple! Deshalb beziehe ich mich in folgendem Absatz auf die Zusatzsoftware „Workoutdoors“ aus dem Appstore.
Links = Workoutdoors Kartenansicht – Rechts = Original Apple Kartenansicht
Workoutdoors ist eine App aus dem Appstore. Sie kostet ca. 10 Euro und ist ihr Geld definitiv wert. Diese App bietet absolut brauchbares Topografisches Kartenmaterial an.
Ich möchte euch nun anhand eines Beispiels verdeutlichen, warum ich trotz nachgerüsteter Topografischer Karten via Workoutdoors gewisse Vorbehalte gegenüber der Apple Watch bei Outdoor-Aktivitäten habe.
Für mich persönlich hat das Smartphone zum Navigieren zunehmend an Bedeutung verloren und bleibt meist in der Tasche. Es dient nur noch gelegentlich als Kamera oder im Notfall als Telefon. Für die Navigation reicht in den meisten Fällen prinzipiell meine Smartwatch aus.
In der Regel läuft dass so ab: Ich plane meine Tour vorab am Computer oder in einer App am Smartphone und exportiere den GPX Track auf die Uhr. Vor Ort starte ich dann eine Aktivität und wähle in der Kartenansicht als Overlay meinen GPX Track, welchem ich dann nachlaufe.
Es kommt jedoch vor, dass die geplante Route aus unvorhersehbaren Gründen vor Ort angepasst werden muss – sei es aufgrund eines gesperrten Wanderwegs oder einer spontanen Änderung der Tour.
In solchen Momenten zeigt die Apple Watch ihre Schwächen. Sie bietet kein dynamisches Routing an (weder ab Werk, noch mit Workoutdoors). Die Route wird nicht angepasst, und es ist nicht möglich, auf der Karte einen neuen Zielpunkt festzulegen. Weicht man von dem vorgegebenen GPX Track ab, sieht man lediglich seine aktuelle Position auf der Karte, ohne weitere nützliche Tourinformationen. Daten wie die verbleibende Strecke oder Höhenmeter lassen sich nicht mehr realistisch abrufen.
Im Gegensatz dazu bieten Uhren wie die von Garmin einen erheblichen Vorteil. Dank offline gespeicherter topographischer Karten und Points of Interest kann man auch mitten in der Tour und ohne Internetverbindung einen alternativen Zielort wählen, der vom ursprünglichen GPX-Track abweicht. Die Route wird dann lokal auf dem Gerät neu berechnet, was eine umfassende Navigation inklusive Abbiegehinweise, Benachrichtigungen beim Verlassen der Route sowie die Anzeige von Daten wie verbleibender Strecke und Höhenmetern ermöglicht.
Zusatzsoftware und Datenaufbereitung
Da ich die Apple Watch Ultra hauptsächlich für ihre Sport- und Outdoor-Funktionen nutze, werde ich mich hier auf diese Aspekte konzentrieren.
Die Uhr verfügt über eine Vielzahl sehr genauer und hochwertiger Sensoren zur Erfassung unterschiedlichster Daten. Apple genießt in diesem Bereich einen hervorragenden Ruf, den ich definitiv bestätigen kann. Die Genauigkeit des GPS ist ausgezeichnet, und die Herzfrequenzmessung am Handgelenk funktioniert besonders bei schwer zu messenden Sportarten wie Kraftsport besser als bei Konkurrenzprodukten wie Garmin.
Gesundheitsdaten wie Herzfrequenz, SpO2, Atemfrequenz und Schlaftracking werden präzise erfasst.
Nun zum großen Haken: Obwohl die Daten erfasst werden, werden sie nicht sinnvoll, übersichtlich und zweckdienlich aufbereitet und dargestellt. Das bedeutet, dass die Daten zwar in unterschiedlicher Form präsentiert werden, Apple diese jedoch nicht wirklich auswertet.
Daten aus Workouts, Belastung bei Workouts, Schlafdauer und Schlafqualität, Aktivität, Vitalparameter u.ä werden zum Beispiel bei Garmin dazu genutzt um die Trainingsbelastung, den Erholungszustand sowie das Stress Level zu berechnen. All das bietet die Apple Watch Ultra mit ihrer hauseigenen Software leider nicht.
Um einen ähnlichen Funktionsumfang wie beispielsweise die Garmin Connect App zu erreichen, muss man bei der Apple Watch auf verschiedene Zusatzapps zurückgreifen, die nicht kostenlos sind. Es bleibt das Problem, dass man mehrere Apps verwenden muss, um detaillierte Analysen seiner Gesundheitsdaten zu erhalten. Hier bleibt jedoch fraglich, ob die verschiedenen Entwickler der Apps die Berechnungsgrundlagen der anderen kennen und daher ein brauchbares Ergebnis resultiert.
Folgende Apps nutzte ich an der Apple Watch Ultra:
– Autosleep für Schlaftracking
– Analytic für die Zusammenführung von Daten und Trainingsbelastung
– HealthView für die grafische Aufbereitung von Fitnessdaten
– Das Fehlen von ANT+ Unterstützung und der begrenzte Funktionsumfang der Apple Trainings App sind weitere Schwachpunkte. Im Vergleich zu Garmin bietet Apple hier deutlich weniger Individualisierungsmöglichkeiten und eine begrenzte Anzahl an Sportarten.
Spezialsoftware zum Anzeigen spezieller Parameter im Bergsport (z.b. Höhenlage mit Sauerstoffgehalt) ist hierbei noch nichtmal erwähnt.
#### Fazit
Die Apple Watch Ultra ist eine ausgezeichnete Smartwatch, die jedoch als spezialisierte Sport- und Outdoor-Uhr hinter den Erwartungen der meisten sportenthusiasten zurückbleibt. Für intensive Sportler und Outdoor-Enthusiasten bieten Garmin und andere spezialisierte Marken eine bessere Leistung und Nutzererfahrung. Obwohl ich ein großer Apple-Fan bin, habe ich mich aufgrund der oben genannten Gründe entschieden, wieder zu Garmin zu wechseln. Dies ist keine Kritik an Apple, sondern eine ehrliche Einschätzung basierend auf meinen spezifischen Anforderungen und Erfahrungen.
Sportler in meinem Umfeld, die die Ultra ebenfalls getestet haben, sind ebenfalls zurück zu Marken wie Garmin oder Suunto gewechselt. Diese Beobachtungen stützen meine Einschätzung, dass die Apple Watch Ultra trotz ihrer vielen Vorzüge nicht die optimale Wahl für intensive Sport- und Outdoor-Aktivitäten ist.
Hey Florian,
eben deinen Erfahrungsbericht gelesen und da haben wir wirklich dieselben Kritikpunkte. Besonders ärgerlich finde ich die Diskrepanz zwischen dem, was Apple da bewirbt (eine Ultra Uhr für Ultrasportler!) und der Realität. Ich bin nach meiner Testphase tatsächlich froh, sie nicht mehr tragen zu müssen. 😅 Denn mich hat auch mehr und mehr gestört, dass ich Nachrichten nur noch dort angezeigt bekommen habe. Das Display der AWU2 wirkt übrigens sehr blass, wenn man mal das der FR 965 von Garmin gesehen hat.
Alles in allem bin ich ebenfalls froh, wieder bei der Fenix 7 zu sein.
Beste Grüße
Schorsch